2me Schadstoff-Kompass

PCB in Gebäuden: Erkennen, Sanieren und Entsorgen

Geschrieben von Jonathan Toumi | Sep 25, 2025 2:47:17 PM

Wo kommen PCB vor? 
PCB sind synthetische chlorhaltige Verbindungen, die früher in vielen Baustoffen als Weichmacher und Flammschutz eingesetzt wurden. In Gebäuden, die vor ca. 1986 gebaut oder saniert wurden, findet man PCB häufig in dauerelastischen Fugendichtungsmassen (Dehnungsfugen in Beton, Anschlussfugen an Fenstern/Türen).

Auch Anstriche, Farben, Beschichtungen und Putze dieser Jahrgänge können PCB enthalten.

Weitere Quellen: alte Elektrobauteile wie Kondensatoren oder Transformatoren enthielten PCB-Öle (diese gelten allerdings nicht als Bauschadstoff im engeren Sinne, sondern als Gerätealtlast). In Gebäuden liegt der Schwerpunkt auf elastischen Fugenmassen und bestimmten Bodenbelägen oder Klebern, wo PCB als Zusatz zur Verbesserung der Flexibilität und Haltbarkeit beigemischt wurde. Nach dem Verbot von PCB (in offenen Systemen 1972, vollständig in CH 1986) wurden PCB-haltige Materialien nicht mehr verwendet – jedoch sind in alten Bauten diese Stoffe oft bis heute vorhanden.

Wie erkennt man PCB?
PCB-haltige Fugenmassen sind äusserlich kaum unterscheidbar von anderen. Hinweise können das Baujahr (1960er/1970er) und die Anwendung (schwarze elastische Fugen in Betonfertigteilen, chlorgeruch bei Bohrung) liefern.

Zur sicheren Diagnose werden Materialproben im Labor mittels Gaschromatographie analysiert. Oft wird in Schadstoffgutachten eine kombinierte PCB/Chlorparaffin-Analyse gemacht, da beide in Fugen auftreten können.
Innenraumluft- oder Staubmessungen können ebenfalls erhöhten PCB-Gehalt zeigen – PCB verdampfen langsam aus Materialien und reichern sich z.B. im Hausstaub an. Ein auffälliges Zeichen kann eine ölige Verfärbung oder Ausblühungen neben alten Fugen sein, da PCB auswandern und umliegenden Beton schwärzen können. Laien können PCB-Verdacht nicht sicher erkennen; im Zweifel ist eine professionelle Schadstoffuntersuchung ratsam.

Wie dringend müssen PCB entfernt werden? 
PCB stellen insbesondere ein chronisches Gesundheitsrisiko dar, da sie fortlaufend aus verbauten Materialien ausdünsten. In Innenräumen mit PCB-Fugen können über die Jahre Konzentrationen entstehen, die gemäss Behörden als unvertretbar gelten. Daher sollten PCB-haltige Materialien entfernt werden, sobald sie identifiziert sind, insbesondere in regelmässig genutzten Räumen. Akute Vergiftungen durch PCB treten zwar nicht auf, doch langfristig sind PCB sehr problematisch (lagerfähig im Körper, leberschädigend, krebserzeugend). Ist eine Sanierung nicht sofort möglich, sollten zumindest Übergangsmassnahmen getroffen werden (z.B. Abdichtung der Fugen mit Folien oder Anstrichen, intensive Lüftung), um Emissionen zu reduzieren.

Bei Umbau- oder Rückbauprojekten muss PCB-haltiges Material vor Beginn der Arbeiten entfernt werden, um Arbeiter und Umwelt nicht zu kontaminieren. Insgesamt wird die Entfernung als dringend empfohlen, auch wenn PCB nicht “von heute auf morgen” schädigt – die kumulative Belastung und Umweltpersistenz machen ein rasches Handeln sinnvoll.

Was sind die Entfernungsmethoden?
Die Sanierung von PCB-haltigen Fugen und Anstrichen erfordert spezielle Vorsicht, jedoch sind keine so strikten Isolationsmassnahmen wie bei Asbest nötig.
Arbeitsbereiche sollten begrenzt und Abfälle aufgefangen werden. Empfohlen ist, Fugenmasse mechanisch auszuschneiden oder mit Absaugung auszufräsen um Staub zu minimieren. Hitzeentwicklung ist strikt zu vermeiden, da PCB bei hohen Temperaturen noch verstärkt freigesetzt werden und sogar giftige Dioxine entstehen können.
Arbeiter müssen umfassende Schutzausrüstung tragen: mindestens FFP3-Masken bei Fugenentfernung, bei grossflächigem Farbabschliff besser Gebläsefilter oder Druckluft-Atemschutz, dazu Einwegoverall (Typ 5/6) und chemikalienbeständige Handschuhe.

Die Umgebung ist abzuschirmen (Warnschilder, Zutrittsverbot). Nach Entfernen der belasteten Materialien werden umliegende Flächen gründlich gereinigt (HEPA-Staubsauger H-Klasse) und feucht gewischt um PCB-Staub zu beseitigen. Auch die persönliche Hygiene nach der Arbeit ist wichtig (Schutzanzug vorsichtig ausziehen, Hände und Gesicht waschen, kontaminierte Kleidung nicht mitnehmen). Oft müssen angrenzende Bauteile (z.B. durch PCB durchwanderter Beton neben einer Fuge) ebenfalls in einer bestimmten Tiefe mit entfernt werden, da PCB in poröse Materialien eindringen. Nach erfolgreicher Sanierung kann eine Raumluftmessung überprüfen, ob die PCB-Konzentration deutlich gesunken ist.

Wie hoch ist das Risiko bei der Bearbeitung?
PCB sind zwar nicht akut giftig, aber chronisch hochgefährlich. Sie gelangen über Staub-Inhalation oder Hautkontakt in den Körper. Dort werden sie nur sehr langsam abgebaut und können Leber, Immunsystem und Hormonsystem schädigen. PCB sind als wahrscheinlich krebserregend für Menschen eingestuft und können unter anderem zu Hautveränderungen (Chlorakne), nervösen Störungen und Fruchtbarkeitsproblemen führen. Bei Sanierungsarbeiten besteht vor allem die Gefahr, PCB-haltigen Staub einzuatmen oder über die Haut aufzunehmen. Ohne Schutzmassnahmen kann es zu erheblichen Expositionen kommen, insbesondere beim Schleifen von PCB-haltiger Farbe oder Ausfräsen von Fugen ohne Absaugung. Ausserdem ist PCB ein Persistenter organischer Schadstoff (POP), d.h. es verbleibt lange in der Umwelt – unsachgemässe Bearbeitung kann umliegende Böden, Räume und die Umwelt kontaminieren. Daher gilt bei der Bearbeitung: maximaler Arbeitsschutz (PSA), staubarme Techniken, kein offenes Feuer, und konsequente Reinigung hinterher. Werden diese eingehalten, ist das Risiko für Arbeiter handhabbar; ohne Schutz drohen ernste Gesundheitsschäden.


Wie müssen PCB entsorgt werden?
PCB-haltige Abfälle (entfernte Fugendichtungen, Farbabtrag etc.) gelten als Sondermüll und müssen gemäss Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung und VeVA entsorgt werden. Kleinere Mengen werden in der Regel in dichten Behältern gesammelt und einer Spezialverbrennungsanlage (Sonderabfall-Verbrennungsanlage) oder bewilligten Kehrichtverbrennungsanlage zugeführt, wo die PCB bei hohen Temperaturen zerstört werden. Kantonale Vorschriften schreiben oft vor, PCB-Abfälle getrennt von normalem Bauschutt zu halten und entsprechend zu deklarieren.

Wichtig: unsachgemässe Entsorgung ist verboten – PCB darf keinesfalls ins normale Bauabfall-Recycling oder in Bauschuttdeponien gelangen, da schon geringste Mengen die Umwelt langfristig belasten. Materialien mit niedrigen PCB-Gehalten (<50 mg/kg, entsprechend <0,005%) können unter Umständen als „verschmutzt, aber nicht sonderabfallpflichtig“ eingestuft und in einer regulären KVA entsorgt werden. Überschreiten die PCB-Gehalte eine bestimmte Schwelle (meist 50 mg/kg, analog internationalen Richtwerten), spricht man von PCB-haltigem Sonderabfall, der bewilligungspflichtig verbrannt werden muss. In jedem Fall erfolgt die Entsorgung in Abstimmung mit den kantonalen Behörden.
 

Wie sind die gesetzlichen Richtlinien?
Polychlorierte Biphenyle sind seit 1986 in der Schweiz komplett verboten (offene Verwendung schon seit 1972 untersagt).

PCB sind Bestandteil der Stockholmer Konvention über POP, der die weltweite Eliminierung vorsieht. In der Schweiz sind Herstellung, Inverkehrbringen und Verwendung von PCB in der ChemRRV (Anh. 1.1) geregelt und verboten.

Die SUVA hat Merkblätter für den Umgang mit PCB (Schutzmassnahmen für Arbeiter) veröffentlicht, die sich u.a. an Baufirmen richten. Beim Bauen gelten PCB-haltige Materialien als „besondere Gefahrstoffe“, deren Vorhandensein vor Abbruch/Umbau ermittelt werden muss (vgl. BauAV). Entsorgungsvorschriften sind in der Verordnung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA) und VVEA geregelt – PCB-Abfälle sind zu deklarieren und nur bestimmten Entsorgern zu übergeben. Die Kantone geben teils eigene Richtlinien heraus, z.B. die BUWAL-Richtlinie (heute BAFU) zur Entfernung PCB-haltiger Fugendichtungen.