CP in Baumaterialien: Erkennung, Risiken und Entsorgung

Was sind CP und wo kommen sie vor?
Chlorparaffine (CP) sind chlorierte Kohlenwasserstoffe, die als Weichmacher, Flammschutz und Additiv in vielen industriellen Produkten gedient haben.
In Bauten findet man insbesondere kurzkettige Chlorparaffine (SCCP) häufig in Fugendichtungsmassen und Montageschäumen, sie wurden vor allem nach 1972 als Ersatz für PCB in Fugen verwendet. CP können auch in Anstrichen, Lacken und Kunststoffen vorkommen, z.B. chlorparaffinhaltige Farbe oder PVC-Böden.

Typische Beispiele: dauerelastische Fugen an Beton (Baujahre ca. 1975–1990), Anschlussfugen im Sanitärbereich oder Bauschaum aus den 80er Jahren.
In anderen Produkten – etwa Weich-PVC, Gummi oder Elektronik – sind CP ebenfalls enthalten, aber im Bauwesen stehen Dichtstoffe und Schäume im Vordergrund.
Heute dürfen Materialien in der Schweiz noch maximal 0,15 % Chlorparaffine enthalten, sodass Neuprodukte praktisch CP-frei sind. Ältere Gebäude (1970er/80er) können jedoch relevante Mengen aufweisen. Kurzkettige CP wurden 2018 international als persistente Schadstoffe eingestuft, während mittel- und langkettige CP weniger streng reguliert sind.

Wie werden CP erkannt?
Ähnlich wie bei PCB sind CP in Fugen oder Schäumen visuell nicht erkennbar. Verdachtsmomente geben Baualter und Produkttyp. Wenn Fugenmasse von ~1975–1990 negativ auf PCB getestet werden, ist die Chance hoch dass CP enthalten sind. Daher werden häufig kombinerte PCB/CP Laboranalysen durchgeführt.

Schweizer Richtlinien empfehlen, vor 1990 erstellte Fugen auf jeden Fall auf CP zu untersuchen und bei >10’000 mg Chlor pro kg Material (entspricht ca. 1% Cl) eine Entfernung durchzuführen. Solche Probenahmen erfordern Fachwissen und sollten durch Experten durchgeführt werden.

Innenraumluftmessungen
spielen bei CP eine geringere Rolle als bei PCB, da CP weniger flüchtig sind; dennoch können stark belastete Baustoffe eine leicht erhöhte Chlorparaffin-Konzentrationen in der Raumluft verursachen.


Wichtig: Nur eine chemische Analyse liefert Gewissheit über den CP-Gehalt – sogenannte Screening-Tests (Chlor-Teststäbchen) können allenfalls einen hohen Chloranteil anzeigen, ersetzen aber kein Labor.

Wie dringend müssen CP entfernt werden?
Kurzkettige Chlorparaffine (SCCP) sind umwelt- und gesundheitsgefährdend, allerdings geht von verbauten CP keine akute Vergiftungsgefahr aus. Die Dringlichkeit zur Sanierung ergibt sich vor allem aus rechtlichen Vorgaben: SCCP sind seit 2018 weitgehend verboten, und Baumaterialien mit >1% SCCP gelten als Sonderabfall. Daher müssen CP-haltige Fugenmassen oder Schäume bei Umbau/Rückbau zwingend entfernt und getrennt entsorgt werden. Liegt der Chlorparaffingehalt unterhalb des Grenzwerts, besteht weniger Handlungsdruck – in der Schweiz wurde z.B. ein Grenzwert von 10’000 mg Cl/kg für Fugen definiert, ab dem eine Entfernung vor Bauarbeiten erfolgen muss.

Ist dieser Wert nicht überschritten, können CP-Materialien vorerst im Bau verbleiben, solange sie ungestört sind. Kurzfristig besteht für Bewohner kaum ein Risiko, solange die Paraffine gebunden vorliegen; langfristig jedoch sollte eine Entfernung angestrebt werden, da SCCP persistent und bioakkumulativ sind. Besonders bei Sanierungen (Fensterersatz, Fassadensanierung etc.) ist die Dringlichkeit hoch – die Materialien dürfen nicht einfach mit dem übrigen Bauschutt vermischt werden.
Insgesamt gilt: Wo CP nachgewiesen sind, sollte mittelfristig saniert werden. Bei grossen Projekten oder öffentlich genutzten Gebäuden empfiehlt sich eine baldige Entfernung, um den heute verbotenen Stoff aus dem Umlauf zu ziehen.

Wie werden CP entfernt?
Die Vorgehensweise ähnelt der bei PCB-Fugen. CP-haltige Fugenmassen werden mittels Ausfräsens oder Ausschneiden entfernt, möglichst staubarm (Absaugung nutzen). Da CP bei Hitze teilweise ebenfalls schädliche Zersetzungsprodukte bilden können, ist auf nicht erhitzende Techniken zu setzen (kein Abbrennen). Personal sollte Schutzkleidung und Atemschutz (FFP3) tragen, um Kontakt mit Stäuben zu vermeiden – CP-Staub kann über Lunge und Haut aufgenommen werden. Zwar besteht keine akute Vergiftungsgefahr, doch Vorsicht ist geboten: Hautkontakt vermeiden (Schutzhandschuhe), nach der Arbeit gründlich waschen.

Bei Schäumen (z.B. Montageschaum in Fugen) ist ähnlich vorzugehen: mechanisch entfernen. Wichtig ist, eine Staubverbreitung und Schmieren zu verhindern – also langsam fräsen, ggf. Material leicht anfeuchten. Das Material und anhaftender Staub sind luftdicht zu sammeln. Hitzeentwicklung (durch schnelles Fräsen oder Funken) sollte auch hier vermieden werden. Insgesamt gilt es, die Emission von CP in Innenraum oder Umwelt minimal zu halten. Reinigungsarbeiten nach dem Ausbau (Staubsauger, feuchtes Wischen) sind ratsam, um verbleibenden Feinstaub zu entfernen.

Wie hoch ist das Risiko bei der Bearbeitung? 
Im Unterschied zu Asbest sind CP nicht akut toxisch über die Atemwege – die Gefährdung besteht eher in chronischen Effekten. CP-Staub oder Dämpfe (bei Erhitzung) können eingeatmet oder über die Haut aufgenommen werden. Kurzkettige CP sind für Wasserorganismen stark giftig und reichern sich im Fettgewebe von Mensch und Tier an. Beim Menschen sind gesundheitliche Auswirkungen noch nicht abschliessend geklärt; akute Vergiftungen treten praktisch nicht auf. Allerdings wurden bei Tierversuchen Leberveränderungen festgestellt und ein erhöhtes Krebsrisiko sowie Fortpflanzungsstörungen können nicht ausgeschlossen werden. Das bedeutet: Bei unsachgemässer Bearbeitung (z.B. Einatmen hoher Staubkonzentrationen) könnten langfristige Schäden entstehen. Besonders problematisch sind SCCP, die als umweltpersistente, möglicherweise krebserzeugende Stoffe gelten.

Für Sanierungsarbeitende heisst das: konsequenter Schutz, obwohl keine sofortigen Symptome auftreten. Zudem können CP bei Erwärmung zu Chlorgasen oder Dioxinen zerfallen – daher besteht bei heisser Bearbeitung eine akute Gefahr durch Reizgase. Insgesamt ist das Risiko während der Bearbeitung moderat bis hoch – moderat, weil kein sofortiges Gift, hoch, weil ungeschützte Exposition langfristig schwerwiegende Folgen haben kann. Für die Umwelt ist jeder Eintrag heikel (z.B. Abrieb in Boden oder Gewässer).

Wie werden CP entsorgt?
CP-haltige Materialien müssen separat erfasst und entsorgt werden. Gemäss Schweizer Vorschriften (VeVA/VVEA) sind Fugendichtungen und Montageschäume mit CP von mineralischem Bauschutt zu trennen. Die Entsorgung erfolgt in der Regel durch Verbrennung in einer Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) mit spezieller Bewilligung oder in einer Sonderabfall-Verbrennungsanlage (SAVA), die über geeignete Rauchgasreinigungen verfügen. Die Verbrennung bei hohen Temperaturen zerstört die organischen CP-Verbindungen weitgehend. Eine Deponierung unbehandelter CP-Abfälle ist nicht zulässig. Kleinere Mengen (z.B. einzelne Schaumdosen oder wenige Meter Fugenmasse) können über dafür vorgesehene Sammelstellen entsorgt werden – in jedem Fall jedoch nicht über den normalen Bauschutt oder Hausmüll. Die kantonalen Richtlinien geben vor, wohin solche Abfälle gebracht werden dürfen. Praktisch werden CP-haltige Fugen oft zusammen mit PCB-haltigen in Fässern gesammelt und einer Sondermüllverbrennung zugeführt. In der EU und der Schweiz gelten dieselben Regelungen, da CP (SCCP) ebenfalls unter die POP-Konvention fallen.

Wichtig: Transport von CP-Abfällen ist meldepflichtig, da es sich um kontrollpflichtige Abfälle handelt. Eine Verwertung ist ausgeschlossen – bis heute gibt es kein Recycling für CP-haltige Dichtstoffe.

Gesetzliche Richtlinien: Kurzkettige Chlorparaffine (C10–C13, SCCP) sind seit 2018 im Anhang A des Stockholmer POP-Übereinkommens gelistet. Die Schweiz hat daher Herstellung und Inverkehrbringen von SCCP über die ChemRRV verboten. Für mittel- und langkettige CP gibt es derzeit keine vollständigen Verbote, aber auch hier wird die Verwendung eingeschränkt. In der Schweiz gelten damit vergleichbare Regeln wie in der EU. CP zählen zu den besonders überwachungsbedürftigen Abfällen: Die Verordnung über den Verkehr mit Abfällen (VeVA) gibt Abfallcodes vor und definiert eine Deklarationspflicht: CP-haltige Dichtmassen und Schäume sind als Sonderabfall zu behandeln. 

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